Suche nach den Verschwundenen

DRK Suchdienst, München
Suche nach den Verschwundenen
Die Angehörigen der Opfer suchten jahrzehntelang vergeblich nach ihren vermissten Verwandten. Sowjetische und ostdeutsche Behörden reagierten aber entweder gar nicht auf die Anfragen oder gaben den Angehörigen bewusst falsche Informationen. In anderen Fällen verfügten die angefragten Stellen nicht über die notwendigen Informationen.
Wenn DDR-Bürger bei Suchdiensten im Westen nach Hinweisen auf vermisste Familienangehörige oder Bekannte fragten und dies den ostdeutschen Behörden bekannt wurde, drohten Repressalien.
Durch Aussagen von aus der Sowjetunion zurückgekehrten politischen Häftlingen erhielten Angehörige und Freunde oft erste Hinweise auf das Schicksal der Vermissten. Doch erst mit der Öffnung der Archive in Osteuropa ab 1990 konnten der Suchdienst vom Roten Kreuz in Moskau den Angehörigen verlässlichere Daten über die Vermissten übermitteln.
Mit Beginn der Perestroika rehabilitierten russische Gerichte vereinzelt Opfer des Stalinismus. Seit dem 18. Oktober 1991 ist es per Gesetz möglich, in Moskau ermordete Deutsche durch die dortige Militärstaatsanwaltschaft rehabilitieren zu lassen.

Befragung von Heimkehrern und Angehörigen durch den DRK-Suchdienst. / DRK-Suchdienst, München

Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes
Ost- und westdeutsche Suchdienste des Deutschen Roten Kreuzes, Einwohnermelde- oder Standesämter und Polizeistellen suchten nach den Verschwundenen und fragten beim Roten Kreuz in Moskau nach. Außerdem bemühten sich die KgU, die Ostbüros der Parteien, der Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen oder die Zentrale Rechtsschutzstelle des Bundes, Spuren der Opfer zu finden.

Arbeit an der Zentralen Nachweiskartei (ZNK) des DRK-Suchdienstes / DRK-Suchdienst, München
Karteikarten aus der Zentralen Nachweiskartei (ZNK) des DRK-Suchdienstes

Ingeborg Lenz, geb. 2.12.1927, erschossen 2.8.1951.

Siegfried Flack, geb. 31.1.1929, erschossen 15.12.1950.

Georg Haarmann, geb. 25.8.1909, erschossen 3.1.1953.

Ludwig Hayne, geb. 1.9.1931, erschossen 28.4.1951.

Georg Holewa, geb. 18.12.1921, erschossen 30.4.1952.

Gerhard Krüger, geb. 23.1.1924, erschossen 24.7.1951.

Johannes Manzel, geb. 9.9.1894, erschossen 5.1.1951.

Gerhard Sinnig, geb. 18.1.1921, erschossen 14.6.1951.

Notunterkunft für DDR-Flüchtlinge in Berlin-Reinickendorf, 1952. / Presse- und Informationsamt der Bundesregierung / Richard Perlia
„Geehrter Herr Präsident!
Bitte vielmals um Entschuldigung Sie durch diesen Brief zu belästigen. Heute vor 4 Monaten … wurde mir meine Tochter Edith Bläsner … von der Sowjetarmee fort geholt. Es war 1 Offizier, 1ne Dolmetscherin, 1 Volkspolizist und der russische Autoführer … Es ist jetzt meine letzte Hoffnung auf diesem Wege etwas über sie zu erfahren. Sie wird beschuldigt einem russischen Offizier zur Flucht … verholfen zu haben. Es ist aber nicht der Fall. Sie arbeitete im Sonderbau-Büro II Potsdam, Nebenstelle Falkensee … Einmal hatte der Offizier den Foto-Apparat mit … sie [hat] gebeten, er möge sie knipsen. Durch diese Aufnahme nun, wird sie beschuldigt, dem Offizier zur Flucht verholfen zu haben. Eines steht jedoch fest, wenn sie ihn bestimmt verholfen hätte dann wäre sie bestimmt mit hinüber gegangen oder nach dem sie ihr das erste Mal geholt hatten, dann ausgerückt. Sie sagte aber: „Mutti, ich bin mir keiner Schuld bewusst und ich brauche auch nicht fort zu gehen.“
Nun kann ich aber eins nicht verstehen, gut, möge sie bestraft werden dafür dass sie geknipst ist, aber warum hat eine Mutter nicht das Recht zu wissen wo ihre Tochter ist. Wir leben doch als freie Menschen in der D.D.R. …
Nun bitte ich den Herrn Präsident vielmals um Entschuldigung das der Brief so lang geworden ist. …
Frau Klara Bläsner …“
[Gesuch von Klara Bläsner, Mutter von Edith Bläsner, an den DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck vom 10. September 1951 (Auszug)./ BStU, Außenstelle Potsdam]

Empfang von Heimkehrern im Lager Friedland. / DRK-Suchdienst, München
DRK-Anfrage beim Roten Kreuz Moskau zu Anneliese Bunda vom 2. Februar 1978 mit Antwort aus Moskau vom 7. Mai 1979. Der KGB verfälschte das tatsächliche Datum der Hinrichtung, 14. Februar 1952, um zwei Jahre (Vorder- und Rückseite). / DRK-Suchdienst, München

Empfang von Heimkehrern im Lager Friedland. / DRK-Suchdienst, München

Empfang von Heimkehrern im Lager Friedland. / DRK-Suchdienst, München

Gesellenbrief von Ernst Fritz Schubert, 1936.
Bereits im März 1958 überstellte das Rote Kreuz Moskau die Todesnachricht zu Ernst Fritz Schubert an die DDR-Verwaltung. Aus unbekannten Gründen gab man diese Nachricht nicht an die Familie weiter. Erst aus einem Artikel des „Spiegel“ im November 1992 erfuhr der Sohn Joachim Schubert vom Schicksal seines Vaters. Die dort abgebildeten persönlichen Dokumente, darunter dessen Gesellenbrief, wurden ihm vom russischen Geheimdienst FSB ausgehändigt.

Rehabilitierungsurkunde für Gerhard Priesemann, ausgestellt von der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation am 20. Juli 1992.
Eine öffentliche Form des Gedenkens an die Opfer des Stalinismus setzte bereits Ende der 1980er Jahre ein. Sowjetische Behörden erhielten Bitten um Rehabilitierungen von den Betroffenen, denen teilweise entsprochen wurde. Ab 1991 ließ man derartige Anliegen systematisch prüfen. Mit der Rehabilitierung wird das in der Stalin-Zeit zu unrecht verhängte und vollstreckte Urteil aufgehoben.